Illustration zum Thema Fremdvergleichsgrundsatz

13. März 2023

Fremdvergleichsgrundsatz: Bedeutung und steuerliche Relevanz

Fremdüblich? Fremdvergleichsgrundsatz? Wie bitte? Steuerberater*innen grundsätzlich geläufige Begriffe sind für Mandant*innen oft alles andere als üblich. Zeit also für einen Beitrag, der Ihnen die Bedeutung dieser nicht zuletzt im steuerlichen Kontext  wichtigen Fachausdrücke näher bringt.

Der Begriff Fremdvergleichsgrundsatz ist im Englischen auch als „dealing at arm’s length“ bzw. „arm’s length principle“ geläufig. Er bedeutet im Grunde nur, dass einander nahe stehende Personen - familiär oder durch gesellschaftsrechtliche Beziehungen - sich bei der Gestaltung ihrer Geschäfte miteinander so zu verhalten haben, wie es Personen täten, die einander fremd sind. Mit anderen Worten: wie es zwischen unabhängigen, einander nicht nahestehenden Geschäftspartner*innen vereinbart worden wäre.  Der Personenkreis „einander nahestehender Personen“ wird im steuerlichen Sinne häufig nicht hinlänglich konkret definiert und daher auch oft falsch verstanden.

Wer zählt zum Kreis einander nahestehender Personen?

Mit einander nahestehenden Personen sind Personen gemeint, die familiäre oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen hegen. Einige Beispiele zur Verdeutlichung:

  • Der Vater ist Einzelunternehmer und stellt seine Tochter an.
  • Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit 100 Prozent Beteiligung an einer GmbH schließt zwischen sich und der GmbH einen Geschäftsführeranstellungsvertrag ab.
  • Eine ApS (dänische Rechtsform, vergleichbar einer GmbH) in Dänemark schließt grenzübergreifend Verträge mit Ihrer hundertprozentigen Tochter-GmbH in Deutschland ab.

Wichtig: das sogenannte „Nahestehen“ kann sich auch durch andere spezielle Faktoren ergeben, auf die wir aber an dieser Stelle nicht weiter eingehen werden. So spielt z. B. der Verwandtschaftsgrad nicht unbedingt eine Rolle. Passgenaue Beratung ist im Einzelfall zu empfehlen, daher kontaktieren Sie uns gern für einen individuellen Beratungstermin zum Thema.

Warum ist die Beachtung des Fremdvergleichs so wichtig?

Wenn ein Rechtsgeschäft auch für die steuerliche Gestaltung relevant ist, ist es wichtig, dass dieser Grundsatz eingehalten wird. Ansonsten kann die Finanzverwaltung gegebenenfalls die Vertragskonditionen nachträglich auf ein fremdübliches Niveau anpassen oder zum Teil ganze Verträge nicht anerkennen. Zu beachten ist hierbei insbesondere, dass die Änderungen in der Vergangenheit vorgenommen werden, aber eine rückwirkende Anpassung der Verträge nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Verdeckte Gewinnausschüttung

Darüber hinaus führt eine Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Geschäften zwischen Kapitalgesellschaften regelmäßig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, da man davon ausgeht, dass ein*e ordentliche Geschäftsführer*in einem solchen Geschäft nicht zugestimmt hätte. Gerade im internationalen Kontext ist hier eine merkliche Verschärfung der Vorschriften eingetreten, weil Staaten verständlicherweise verhindern wollen, dass z. B. Gewinne aufgrund nicht üblicher Vertragsgestaltungen von einem Hochsteuerland in Niedrigsteuerländer verschoben werden.

Anwendungsbereiche für den Fremdvergleichsgrundsatz

Folgend haben wir eine kurze Auflistung von Anwendungsbereichen erstellt, bei denen der Fremdvergleichsgrundsatz unbedingt beachtet werden sollte:

  • Bei Abschluss von Verträgen mit familiärer Beziehung
  • Bei Abschluss von Verträgen zwischen Gesellschafter*innen einer Kapitalgesellschaft und der Kapitalgesellschaft selbst
  • Bei der Ausgestaltung von Verrechnungspreisdokumentationen
  • Bei Abhängigkeitsverhältnissen

Was sind die häufigsten Gestaltungsfehler in der Praxis?

Eine vollständige und abschließende Auflistung möglicher vertraglicher Gestaltungsfehler kann es hier nicht geben. Aber aus unserer langjährigen Erfahrung heraus sind insbesondere folgende Sachverhalte zu nennen:

  • Unübliche Gestaltungen bei Abschluss von Darlehensverträgen zwischen Gesellschafter*innen einer GmbH und der GmbH
  • Unübliche Vertragskonditionen (je nach Perspektive zählen dazu beispielsweise ein zu hoher Zinssatz, keine Besicherung oder kein schriftlicher Vertrag)
  • Vergünstigte Vermietung von Wohnungen im familiären Umfeld
  • Unübliche Arbeitsverträge für Eheleute
  • Geschäftsbeziehungen zu Unternehmensteilen in Deutschland bei Auswanderern

Passgenaue Beratung für Sonderfälle

Darüber hinaus gibt es weitere Sondervorschriften. Um eine optimale steuerliche Gestaltung sicherzustellen, empfehlen wir in jedem Fall eine umfassende individuelle Beratung. Wir sind für Sie da!