10. Juni 2021

Neue Besteuerungs-Regelung für innereuropäischen Fernverkauf

Es gibt wichtige Neuigkeiten in Bezug auf die Anmeldung und das Entrichten der Mehrwertsteuer im innereuropäischen Fernhandel: Ab dem 01.07.2021 müssen im Regelfall B2C-Lieferungen in andere EU-Länder im Bestimmungsland versteuert werden, sobald der Nettobetrag selbiger 10.000 Euro überschreitet.

Die neue Regelung ist Teil des VAT E-Commerce Paketes, welches alle EU-Staaten am 01.07.2021 in nationales Recht umsetzen. Damit fallen die nationalen Lieferschwellen aller EU-Staaten weg.

Welche Rolle spielt das One-Stop-Shop-Verfahren?

Aufgrund der geringen Umsatzschwelle von 10.000 € wird somit fast jeder*r Online-Händler*innen in dem EU-Land steuerpflichtig, in das versendet wird. Aus diesem Grund wurde vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) das One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) entwickelt. Ziel des OSS ist es, den innereuropäischen Handel zu vereinfachen und das bislang allein auf elektronische Dienstleistungen ausgerichtete Besteuerungsverfahren Mini-One-Stop-Shop (MOSS), abzulösen. Bürokratische Notwendigkeiten wie das Anmelden und Entrichten der Umsatzsteuer in anderen EU-Ländern können fortan über eine einzige Anlaufstelle erledigt werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen fallen auch Umsatzsteuerregistrierungs- und Deklarationsverpflichtungen weg.

Welche Fristen gelten für die Teilnahme am OSS-Verfahren?

Die Teilnahme am OSS-Verfahren ist nicht verpflichtend. Daher ist eine aktive Registrierung nötig. Dabei zu beachten: Wer das OSS-Verfahren bereits für Umsätze ab dem 01.07.2021 anwenden möchte, muss die Registrierung bis spätestens 30.06.2021 über das Online-Portal des Bundeszentralamtes für Steuern vornehmen.

Wen betrifft das Verfahren?

Es betrifft alle Unternehmer*innen, die innerhalb des europäischen Binnenmarktes grenzüberschreitend Handel mit Erwerber*innen betreiben, die vereinfacht gesagt keine Unternehmer*innen sind. Dabei gilt die neue Regelung nicht allein für warenvertreibende Online-Händler*innen, sondern auch für Umsätze, die aus Dienstleistungen von beispielsweise Telekommunikationskonzernen, Rundfunk- oder Fernsehanstalten generiert werden. Generell müssen OSS-relevante Sachverhalte vorliegen und – wie eingangs erwähnt – auch entsprechende Umsatzgrößen erreicht werden.

Was ist für Unternehmen zu beachten?

Durch die Einführung einer einheitlichen Umsatzschwelle von lediglich 10.000 Euro werden einige Unternehmen erstmals von der Regelung betroffen sein. Dies begründet sich im Wegfall der bisherigen länderbezogenen Lieferschwellen.

Wer sich nicht für das neue OSS-Verfahren anmeldet, für den gelten daher möglicherweise schon ab dem 01.07.2021 die erweiterten umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten im EU-Ausland.

Für welchen Leistungszeitraum gilt die neue Regelung?

Für die Prüfung der Umsatzschwelle von 10.000 Euro und die damit ab 01.07.2021 folgende Beurteilung des Leistungsortes im Besteuerungszeitraum 2021 müssen auch die Fernverkäufe und sonstigen Leistungen einbezogen werden, die im Kalenderjahr 2020 und im 1. Halbjahr 2021 ausgeführt wurden. Eine zeitanteilige Aufteilung der Umsatzschwelle von 10.000 Euro ist im Kalenderjahr 2021 nicht vorzunehmen.

Welche Vorteile entstehen für meine Unternehmensprozesse?

Online-Händler*innen, die zukünftig in anderen EU-Staaten steuerpflichtig werden, können ihre Umsätze über den OSS melden und dort ebenfalls die Begleichung ihrer Umsatzsteuerschuld vornehmen. Grundsätzlich verringert sich der Verwaltungsaufwand.

Die Vorteile auf einen Blick:

  • Keine lokale Steueranmeldung in den jeweiligen EU-Mitgliedsländern erforderlich
  • Keine länderspezifischen Kenntnisse zu den Steuerregelungen erforderlich
  • Keine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht für diese Umsätze
  • Cash-Flow-Vorteil aufgrund der Quartalsmeldung

Welche Nachteile entstehen für meine Unternehmensprozesse?

Nachteilig kann sich der Umstellungsaufwand in vorgelagerten Prozessen auswirken. Zudem kann trotz der Teilnahme am OSS-Verfahren eine umsatzsteuerliche Registrierung notwendig sein. Eine grundlegende Erleichterung ist der OSS daher in erster Linie für Unternehmen, die Produkte aus einem zentralen Lager heraus in andere EU-Staaten versenden. Denn diese unterliegen meist dem Standardsteuersatz, der EU-weit gilt. Für alle anderen (den Großteil) wird der Prozess zum Teil deutlich komplexer und mit mehr Risiken verbunden sein.

Wie immer gibt es auch in diesem neuen Verfahren wieder einige Ausnahmen und Besonderheiten, die wir individuell gerne beraten, um potenzielle Vor- und Nachteile zielführend abzuwägen.

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